Von Anfang an achtete ich mit der Unterstützung der aHa-Hundeschule in Bielefeld auf eine sehr gute Sozialisation und ein möglichst optimales Training. Schließlich hatten Caspar und ich große Ziele. Durch meine damalige Nebentätigkeit im Familienunterstützenden Dienst hatte ich die Möglichkeit, Caspar von Welpenbeinen an ganz behutsam auf seine zukünftigen Aufgaben als pädagogischer Begleithund vorzubereiten. Er entwickelte sich großartig, lernte schnell und mit viel Begeisterung – ein richtiger kleiner Streber! Fast überall hin begleitete mich Caspar und das vielseitige Training sowie die gelegentlichen gemeinsamen Besuche bei den Familien bzw. den Kindern bereiteten uns beiden viel Spaß und Freude. Auch wenn der quicklebendige, freche kleine Pudel manchmal mit dem größten Vergnügen Schabernack trieb und mich das einige Nerven kostete…
Nach meinem Auslandspraktikum in Dänemark, bei dem mich Caspar nicht nur begleitete, sondern bereits aktiv bei einer Projektarbeit mit Kindern unterstützte, begannen wir das Ausbildungsprogramm „Besuch auf vier Pfoten“ auf dem Hof Steffen in Bielefeld. Da Caspar mich auch in beruflicher Zukunft professionell begleiten sollte, war mir wichtig, eine bestmögliche Grundlage – sowohl für mich als auch für Caspar – in Theorie und Praxis zu schaffen.
Die Ausbildungsmonate enthielten viele Hochs und Tiefs, die von grenzenloser euphorischer Begeisterung und Vorfreude auf die gemeinsame Arbeit mit Caspar reichten bis hin zu frustrierenden Trainingsrückschritten und ernsthaften Selbstzweifeln und Zweifeln an der Eignung meines Hundes für diese Arbeit. Im Rahmen des Ausbildungsprogramms wurden die Teams – bestehend aus den zweibeinigen Teilnehmern und ihren vierbeinigen Begleitern – theoretisch geschult und praktisch trainiert und so ausführlich auf die tiergestützte Arbeit vorbereitet. Vor der Ausbildung galt es jedoch, einen Eignungstest zu bestehen.
Der Eignungstest fand in einem Seminarraum auf dem Hof Steffen statt. Zu Beginn erkundete Caspar unangeleint den Raum und nahm Kontakt zu den anwesenden Personen auf. Dann begann die Überprüfung des Grundgehorsams. Dazu zählten Übungen wie Sitz, Platz und Bleib, Abrufen auch unter Ablenkung (durch eine essende Person) und das Ausgeben von Spielzeug. Die Übungen wurden sowohl von mir selbst durchgeführt als auch von der Prüferin. Caspar reagierte auf alle Signale prompt, benötigte aber – möglicherweise aufgrund unserer Aufregung – etwas Korrektur bei der Bleib-Übung. Ein Spielzeug ließ er zwar auf das Hörzeichen „Aus“ hin fallen, ließ es sich aber nicht wegnehmen, sondern rannte zum Spiel auffordernd damit weg. Einem Tauschgeschäft mit einem Leckerli konnte er jedoch nicht widerstehen.
Es folgte die Überprüfung des Verhaltens bei körperlicher Begrenzung und Manipulation durch die Prüferin. Caspar musste sich von der Prüferin über den Kopf streicheln lassen – nicht gerade eine seiner Lieblingssituationen, da er von seinem Wesen her nicht unbedingt der größte Schmuser ist. Weitere Berührungen durch die Prüferin (Pfote festhalten, am Bauch anfassen, über Rücken und Rute streicheln, Hand auf die Schulterblätter legen) folgten. Anstandslos ließ Caspar sich das Maul öffnen und vorne hochheben und umarmen, hielt dabei jedoch inne und schien sich zu fragen, was hier eigentlich mit ihm geschieht und zu hoffen, dass gleich wieder etwas Tolleres passiert. Als Caspar sich auf die Seite legen sollte, schien er sich hingegen gedacht zu haben „Das kann ich!“ und reagierte auf das entsprechende Handzeichen sofort. In dieser Position fixiert zu werden, gefiel ihm allerdings nicht und er strampelte mit den Beinen. Sich bürsten ließ er mit fragendem Blick an mich über sich ergehen: „Darf die das? Und wenn ja, mache ich das richtig?“ Auf das Vorenthalten von Futter reagierte er gelassen. Zum Schluss dieses Prüfungsteils nahm die Prüferin Caspar an die Leine und führte ihn aus dem Raum nach draußen. Caspar ging bereitwillig mit – wahrscheinlich neugierig und voller Erwartung auf einen tollen Spaziergang – warum auch nicht mal mit jemand anderem!?
In der letzten Testphase kam eine männliche Testperson zu Hilfe. Sie betrat plötzlich und polternd den Raum. Caspar lief hin, um zu gucken, wer das denn wohl sein mag. „Sicherheitshalber nehme ich schon mal eine leicht unterwürfige Haltung an und wer weiß – vielleicht kann ich ihn ja freundlich stimmen…!“ Dann schien Caspar zu denken: „Der Neue scheint ja ganz nett zu sein“, begrüßte ihn aufgeschlossen und begleitete ihn leicht hopsend ein Stück. „Nur irgendwie kann der wohl nicht richtig laufen – erst versperrt er mir den Weg, dass ich ausweichen muss und dann rempelt er mich auch noch an – so was! Da geh ich doch mal lieber auf Abstand…“. Caspar wich bei der Kontaktaufnahme einen Schritt zurück und hob die Pfote. Er blieb freundlich – auch wenn dieser Mensch sich (aus Hundesicht) nicht gerade höflich verhielt. „Streicheln kann der auch nicht - wie grob der mich anfasst – Unverschämtheit!“ Während der Testsituationen mit Gehilfe und Rollstuhl lief Caspar mit, hielt etwas Abstand und schaute vorsichtig, was passiert ist, als die Testperson mit Gehhilfe stürzte.
Als die Testperson mich schließlich beschimpfte, stellte Caspar sich leicht hinter mich und schaute mich an. Caspar und ich waren beide erleichtert, als die Stimmung im Raum wieder entspannt und fröhlich wurde.
Puh - so ein Eignungstest kann ganz schön aufregend sein! Ich als Hundeführerin war doch ganz schön nervös, ob ich mich immer richtig verhalte und meinem Hund die Sicherheit vermitteln kann, die er braucht. Auch war ich gespannt, ob sich unser bisheriges, intensives Training gelohnt hatte. Meine Sorgen waren jedoch völlig unbegründet und ein bisschen mehr Gelassenheit hätte sowohl mir als auch Caspar bestimmt gut getan.
Am nächsten Tag stand der Kinderteil des Eignungstests an. Dieser fand draußen auf einer Wiese statt und war dadurch von der Ausgangssituation her schon einmal deutlich entspannter für Caspar.
In einem abgegrenzten Viereck spielten einige Kinder fangen und ich führte Caspar an der Leine an ihnen vorbei. An markierten Punkten sollte ich Caspar ins Sitz oder Platz bringen – das klappte wunderbar.
Ein weinendes, schluchzendes Kind irritierte Caspar etwas, ebenso wie ein schreiend wegrennendes und ein plötzlich hinfallendes Kind. Er blieb absolut ruhig, aber eine gewisse Anspannung war ihm doch anzusehen.
Als die Kinder Ball spielten, schaute Caspar mich fragend an – wahrscheinlich hätte er sehr gerne mitgespielt und hoffte wohl insgeheim auf ein Okay zum Spielen.
Beim Umringen hopste Caspar zunächst fröhlich um die Kinder herum, um der engen Situation spielerisch auszuweichen. Er ließ sich dann aber von den Kindern streicheln und am Halsband festhalten und auch umarmen, wollte aber auch hier mit Küsschen beschwichtigen. „Genug gekuschelt!“ entschied Caspar dann und lief aus dem Kreis, schnappte sich einen Ball und tollte damit herum. Leider ließ er sich in dieser Situation nicht sofort von mir abrufen. Er nahm sich eben seine Auszeit, die er dringend brauchte. Ein am Boden krabbelndes Kind beachtete er gar nicht, ließ sich später dann aber wieder problemlos von spielenden Kindern abrufen und lief sofort zu mir.
Dann ging ein aufregendes Wochenende für uns zu Ende. Caspar hatte den Eignungstest zum pädagogischen Begleithund bestanden und sich eine dicke Belohnung in Form eines ausgiebigen Spaziergangs mit Ballspielen und Herumtoben verdient. Ich war froh, erleichtert und stolz auf uns!
Fazit
Die abschließende Testbesprechung deckte sich mit meinen eigenen Beobachtungen und Schluss-folgerungen in Bezug auf Caspar, sein Wesen und sein Verhalten. Er hatte in keiner Situation aggressives Verhalten gezeigt. Passte ihm etwas nicht oder fühlte er sich in einer Situation unwohl oder unsicher, reagierte er mit Meideverhalten und/ oder Rückzug. Caspar reagiert auf laute Geräusche, Trubel und Stimmungen sensibel. Zu viel Nähe mag er nicht besonders und er benötigt viele kleine Auszeiten, in denen er Stress abbauen kann. Caspar ist kein leidenschaftlicher Schmuser. Dafür hat er viele andere Qualitäten, die ihn zu einem geeigneten pädagogischen Begleithund machen. Für unsere Arbeit bedeutet das, dass Caspar gezielt zu Aktivitäten eingesetzt wird, die mit Bewegung, Spiel und kleinen spannenden Aufgaben verbunden sind. Außerdem steht ihm immer eine Rückzugsmöglichkeit zur Verfügung und er bekommt ausreichend Pausen, die er auch selbst einfordern darf. Besonders wichtig ist mir dabei, dass Caspar zu jeder Zeit einfach Hund sein darf. Unsere Kommunikation funktioniert mit viel Feingefühl. Wir wissen beide, dass wir uns aufeinander verlassen können und bilden so inzwischen ein eingespieltes Team, das zum Ziel hat, vielen Kindern Freude zu schenken.